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Den - absurden - Vorwurf an die
Adresse von Paul Simon, er bedie-
ne sich bei „fremden" Musik-Kultu-
ren, um sich zu „eigenen" Songs
inspirieren zu lassen, könnte man
Hazmat-Modine-Chef Wade Schu-
man genauso machen. Seit der sein
Band-Projekt startete, fusioniert er
in demselben wohlüberlegt „orga-
nisch“ und dabei ziemlich genial un-
terschiedlichste musikalische Tra-
ditionen, Stile, Spielweisen und
Epochen in stupend originell arran-
gierten Aufnahmen. Anders als Tom
Waits hält er sich dabei streng an
bekanntes (von seinen Begleitern
virtuos beherrschtes) Instrumenta-
rium, mischte bei diesem zweiten
Album allerdings gelegentlich auch
„field recordings“ (unter anderem
von Vögeln, Insekten (!), Hunden,
Zikaden im Central Park, Feuerwerk)
zu.
Spaß muss sein. Deshalb arran-
gierte er Frederick Knights Soul-Hit
„I've Been Lonely For So Long“ von
19 7 2
auch süffisant als Parodie auf
die britische Soulband Hot Choco-
late. Die bluesigen Stücke („M o-
cking Bird", Louis Jordans in New
Orleans verortetes „Buddy" und
„The Tide“ ) spielen Hazmat Modine
wie immer gegen alle Zwölftakt-
Routine, „So Glad“ als eine glückli-
che
Reggae/Gospel-Mixtur. Wie
man Delta Blues mal ganz anders
„klassizistisch“ musizieren kann,
demonstriert das mit dem Kronos
Quartet
aufgenommene
„Dead
Crow“ .
Eine Idee der Live-Faszination von
Hazmat-Modine-Konzerten vermit-
telt das mit der Gangbe Brass Band
als zweiter Big Band aufgezeichne-
te Afro-Latin-Instrumental „Cotonou
Stomp“ . Die ist, wie Natalie Mer-
chant, Gast beim dezent jazzig ar-
rangierten Folklore-Poem „Child Of
A Blind Man“ . Weniger nostalgisch
als Leon Redbone bei seinem De-
büt, zelebrieren Hazmat Modine Ir-
ving Berlins Evergreen „My Walking
Stick“ als virtuosen musikalischen
Spaß. So muss das sein!
From Schäler
MUSIK ★
KLANG ★ ★ ★ ★ *
Hazm at M odine
Ü
CICADA
"
Jaro CD
Annett Louisan
IN MEINER MITTE
IOS Мшк/Sony CD
Selbst überden lustigsten Witz kann
man nicht mehr lachen, wenn er zu
oft erzählt wird. Insofern stand zu be-
fürchten, dass Annett Louisans auf
dem immerselben Humorschema ba-
sierender Chansonpop irgendwann
nur noch zum Gähnen sein wird.
Doch weit gefehlt! Auf dem fünften
Album hat man von Annette Humpe,
Danny Dziuk und Wiglaf Droste ge-
schriebene Songs so amüsant ver-
packt, dass das Zuhören immer noch
Spaß macht. Wenn die Hamburgerin
etwa niedlich-kokett von Liebesbe-
weisen („Würdest du?“) und ihrer
„Pärchenallergie“ erzählt, kriegt
man auch diesmal wieder richtig gu-
te Laune.
hake
W illie Nelson & Wynton
M arsalis Featuring Norah Jones
HERE WE GO AGAIN
Blue Note/EMI CD
(62 )
Beim ersten Treffen
2 0 0 7
arbeiteten
i
sich Nelson und Marsalis ertrag-
;
reich an Blues- und Ja
2
zstandards
|
ab, nun wagen sie sich an R&B-Ko-
loss Ray Charles heran. Mit dessen
j
Erbe weiß Mr. Nelson jedoch nicht
j
viel anzufangen, in Songs wie „Un-
;
chain My Heart“ und „ I’m Moving
;
On" ist er stimmlich total Uberfor-
;
dert. Dazu kommt, dass das sanfte
;
Timbre von Gast Norah Jones nicht
i
zu den rauen Vorlagen passen will,
j
Einzig Marsalis erreicht mit seinem
j
furiosen Trompetenspiel die ge-
wohnte Klasse, weshalb man an der
!
Live-Aufnahme doch noch seinen
j
Spaß hat.
hake
i
A lison Krauss
PAPER AIRPLANE
Rounder CD (auch als LP geplant)
(44')
Konzessionen an Bluegrass-Fans
i
gibt es hier auch, die überlässt
;
Alison Krauss ihren Kollegen (famos
j
musiziert:
„Dustbowl
Children"
;
oder „Outside Looking In“). Bei den
übrigen Songs übt sie den Spagat
;
zwischen Country- und typischem
:
Singer/Songwriter-Material. „Sin-
king Stone“ , eine glückliche Mi-
schungaus beidem, gelingt ihr ganz
;
hervorragend. „Dimming Of The
;
Day“ fesselt nicht ganz so emotio-
i
nal wie Linda Peters Vortrag beim
j
Original. Fast munter deutet sie mit
1
Jerry Douglas Jackson Brownes „My
I
Opening Farewell", die ganze Elegie
j
der Vorlage dabei aber nicht so
,
rechterfassend.
F.Sch.
j
MUSIK
KLANG ★ ★ ★ ★
MUSIK ★ ★ ★
KLANG
MUSIK ★ ★ ★ ★
KLANG ★ ★ ★ ★
Stevie N icks
IN YOUR DREAMS
Warner CD
(65')
Schon bei Fleetwood Mac war
Ste-
vie Nicks weit mehr als nur ein op-
tisches Aushängeschild. Denn die
Sängerin beherrscht ihr Songwri
ting-Handwerk und verfügt überei-
ne zwar gelangweilt wirkende, aber
gleichwohl markante Stimme,
ihr
erstes Album seit zehn Jahren hat
sie von Glenn Ballard und Euryth-
mies' Dave Stewart produzieren las-
sen; als Musiker fungieren unter an-
deren Gitarrist Waddy Wachtel oder
Mick Fleetwood. Besonders innova-
tiv klingt ihre Mischung aus Tom
Petty, Fleetwood Mac und Selbstzi-
tat nicht, garantiert aber dank der
Eingängigkeit trotzdem positive
Hörmomente.
pb
MUSIK ★
KLANG
Es beginnt vielversprechend, der
Opener „Machu Picchu“ lässt einen
mit seinem Reggaerock-Beat an die
frühen Police denken. „Under Cover
Of Darkness“ und die
8
o’s-Retro
Nummer „Two Kinds Of Happiness“
halten danach dieses Niveau, bevor
The Strokes ein wenig die Ideen aus-
gehen und schwächere Tracks zum
Drücken der Skiptaste verleiten. Das
Rabauken-Image von früher haben
die New Yorker inzv/ischen gegen
die Verlässlichkeit echter Vollprofis
eingetauscht. Fünf Jahre nach dem
letzten Album muss man sie Gat-
tungen wie Powerpop und New Wa-
ve zurechnen, für Garagenrock ist ihr
Sound schon zu poliert.
hake
MUSIK ★ ★ ★
KLANG ★ ★ ★
r.B'VV.ll
m
128 STEREO 6/2011
Das DR-Logo gibt den Dynamikumfang des Tonträgers an. Nähere Infos unter v/ww.stereo.de
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